Samstag, 15. Dezember 2012

Das Testament des Sherlock Holmes


via netzwelt.de
Heute melde ich mich mal mit einer weiteren Spielereview aus meinem vorweihnachtlichen Winterwunderland zurück, indem ich nicht allzuviel Lust zum bloggen habe. Aber da die letzten Wochen wieder voller ergüsslicher Spieleerfahrungen vollgestopft waren, möchte ich euch gerne daran teilhaben lassen.

Wie ich ja bereits erwähnt habe, bin ich sehr großer Point& Click Fan und habe so langsam alles durch, was man in dem Bereich an guten Titeln bekommt ( Der Absolute Spitzenreiter bleibt hier immer noch Black Mirror, dicht gefolgt von The Art of murderer und Grey Matter). Dementsprechend skeptisch war ich, als mein Mann mit einem neuen Titel antanzte und dann auch noch mit Sherlock Holmes...


Ich gestehe, ich mag die Geschichten um den leicht authistischen Detektiv und seinem Sidekick Doktor Watson, aber auch nicht so sehr, dass ich jetzt in Jubelschreie hätte ausbrechen können. Die Verfilmungen waren mir zu wirr und habe ich mir auch nur wegen meiner abartigen Jude Law Schwäche gegeben, zumal ist das ganze Holmes Franchise ja auch mehr an eine jüngere Zielgruppe gerichtet.
Nichts anderes versprechen die ersten Minuten von "Sherlock Holmes: Das Testament des Sherlock Holmes", das dieses Jahr erschienen ist.

Wir befinden uns auf einem Dachboden und bewundern (leicht zurückgebliebene?) Kinder beim spielen. Diese finden ein altes Buch und beginnen zu lesen. Das Buch enthält die letzte Geschichte rund um den bekannten Detektiv Sherlock Holmes....

via consolplus.de

Bis dato riss es mich nicht vom Hocker, da ich schon wieder einen Disneyfilme ähnlichen Titel erwartet habe, aber schon nach ein paar Minuten, nachdem das erste Rätseltutorial abgesegnet ist, zieht mich das Spiel in einen unglaublichen Bann...
Durch das Tutorial, euren ersten Fall, indem ihr eine verschwundene Halskette sucht, könnt ihr euch noch wunderbar durchklicken und lernt dabei ein wenig den Umgang mit dem Menü. Neben dem üblichen Point & Click Gadgets wie den Lupen habt ihr auch ein sehr schönes Notizbuch, wo allerhand drinsteht.
Zudem bewegt ihr euch hier nicht wie in den meisten Spielen von Standbild zu Standbild, sondern habt eine Kamera wunderbar hinter eurem Kopf schweben, was dem ganzen einen Filmähnlichen Flair verleiht.
Im Laufe des Spiels wechselt ihr zwischen den Charakteren, was das ganze ziemlich angenehm und überraschend gestaltet.
Watson hat übrigens auch ein neues Deduktionssystem eingeführt, in dem ihr selber eure Hinweise kombinieren könnt um zu einer Schlußfolgerung zu gelangen- das ist nicht immer einfach, im Gegenteil, es ist teilweise sogar eher tricky.

Schon nach ein paar Eindrücken bin ich überrascht, denn ich liebe die kleinen Details, die Grafik ist zwar nicht der Bringer, aber wirklich nett anzusehen. Was mich jedoch am meisten beglückt hat, war die Tatsache, mit wieviel Liebe hier doch tatsächlich an die Synchronisation und auch die Dialogwechsel rangegangen wurde. Es ist wirklich herrlich, Watson und Sherlock bei ihren kleinen Reibereien zuzuhören und verleiht dem Spiel unglaublich viel Tiefe. Ich persönlich liebe es ja immer, wenn Zeit in die einzelnen Charakterrelationen gesteckt wird, aber hier hat man irgendwann tatsächlich das Gefühl, man würde die beiden kennen.
Und auch wenn Sherlock irgendwie so gar nicht dem Bild entspricht, was ich von ihm hatte, ist er erstaunlich gut umgesetzt und neuinterpretiert.

via metalalarcade.de
Nach dem Tutorial geht's ans Eingemachte. Eigentlich wolltet ihr nur den Bischof besuchen, dieser wurde aber bestialisch ermordet und so findet ihr anstatt einem quitschfidelen Gottesfürchtigen nur seinen rotzfrechen Diener (mir entfällt leider die geistliche Bezeichnung) und eine nicht so nett zugerichtete Leiche.
Da ihr euch mit Scotland Yard immer anne Köppe kriegt und die Schmierfinken von der Zeitung euch in einem nicht ganz so gutem Licht darstehen lassen, beschliesst ihr zusammen mit Watson, den Fall erstmal alleine zu lösen. Das Rätselraten beginnt, ihr nehmt Spuren auf, knackt Schatztruhen und erkundet die düsteren Gegenden von Whitechapel, wo nichtmal mehr die Kranken Platz zum Sterben haben...

So findet ihr nicht nur immer neue Hinweise, sondern werdet im Laufe des Spiels immer zwispältiger. Ihr beginnt zu zweifeln, an euch, an euren Figuren, an der Welt, bis ihr irgendwann nicht mehr wisst, was richtig und falsch ist.
Und ohne zuviel zu verraten- DAS hat das Spiel sowas von drauf. Ich habe lange keinen Titel mehr gespielt, in dem ich so viele WTF-Momente hatte. Teilweise ergeben sich nämlich Wendungen, mit denen man überhaupt nicht gerechnet hat: Man zweifelt, zweifelt mehr, wird in seinen Zweifeln bestätigt und kriegt dann nochmal einen fiesen Schlag in den Nacken.

via expert-technomarkt.de

Doch diese Verwirrtaktik steuert gut zur allgemeinen Atmosphäre bei- hingegen aller Erwartungen ist Sherlock Holmes' Testament vor allen Dingen eines: Düster, düster, düster und manchmal sogar ein bisschen ekelhaft. Das Spiel ist wirklich nicht umsonst ab 16 und manchmal musste ich auch ziemlich schlucken.
Auch wenn es manchmal wirklich süße Momente hat, zum Beispiel wenn man mit dem unglaublich putzigen und schwerfälligen Polizeihund Toby schnüffeln darf, bleibt es doch ein eher bedrückender Titel, der ab und an einen wirklich fahlen Beigeschmack hat.

Wie ich ja bereits sagte sind die Dialoge unglaublich scharf und grandios, aber auch die Story hinkt keineswegs hinterher. Sie ist dicht, durchdacht und vor allen Dingen eines- komplex. Genau wie die Rätsel- in Teamarbeit gelingt das meiste ganz ordentlich, jedoch kamen wir auch zu zweit auf manche Sachen nicht einmal ansatzweise.

via gamersglobal.de
Neben all diesen Dingen ist zu erwähnen, dass das Bild, das uns da von Watson und Holmes präsentiert wird, ein unglaublich gutes ist, wenn nicht sogar das Beste, was ich in dem Holmes-Universe je gesehen habe.
Sherlock ist natürlich wie üblich total scharfsinnig, daneben beinahe schon authistisch und kalt. Darüber hinaus ist er auf eine gewisse Art und Weise sogar ziemlich sexy.
Watson unterscheidet sich kaum von den üblichen Darstellungen, jedoch ist er allemal der Sympathieträger in diesem Spiel und man bekommt doch schon ein wenig Mitleid, wenn Holmes ihm zum dritten Male im selbstverständlichen Tonfall sagt, Watson soll die Leute bezahlen...

Nach alledem war ich so überrascht, dass wir direkt die Reihe geordert haben und jetzt mittlerweile schon an "Sherlock Holmes jagt Jack the Ripper" sitzen, dem Vorgänger. Für mich wirklich die Spielesensation des Jahres und ich wage zu behaupten, dass das Spiel nicht nur für Fans des Point & Click Genres ein Muss ist, sondern sich auch die anderen Zocker mal dranwagen sollten, denn man würde echt was verpassen.

Ich persönlich habe nur Lob für diesen Titel übrig, einzige Minuspunkte sind ein paar undurchdachte Dialogszenen (ich hasse es, wenn man sagt, man solle leise sein und dann steht da ein schreiender Watson neben einem) und die Grafik, die ab und an einen Tickn besser hätte sein können.

Von daher von mir 9/10 möglichen Punkten.

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